Happy Birthday - 30 Jahre Werkstättle
Am 1. Juni 1988 nahm ein kleines Projekt in Trägerschaft der evangelischen Kirchengemeinde Pfullendorf den Betrieb auf. Ziel war es, einigen psychisch kranken Menschen durch eine stundenweise Beschäftigung wieder eine Tagesstruktur zu verschaffen und ihnen das Gefühl zu geben: „ich werde wieder gebraucht“. Aus diesen kleinen Anfängen ist inzwischen ein soziales und gemeinnütziges Beschäftigungsunternehmen geworden, das als Werkstättle e.V. in seinem Betriebsgebäude neben dem Seepark einschließlich des Führungs- und Verwaltungspersonals über 100 ehemals langzeitarbeitslose Menschen beschäftigt. Hinzu kommen in den Außenprojekten „Kreativwerkstatt Bürgerarbeit“ und „Klosterstadt Meßkirch“ noch bis zu 30 Beschäftigungsplätze. In der Tochtergesellschaft Werkstättle gemeinnützige GmbH, die die Abenteuer- und Fußballgolfanlage im Seepark betreibt, sind es während der Saison weitere rund 20 Beschäftigte.
Dass das Werkstättle seit 1988 so gewachsen ist, zeigt den großen Bedarf an Arbeitsplätzen für langzeitarbeitslose Menschen. Sie sind die Verlierer der Automatisierung und Digitalisierung in der Arbeitswelt – mit keinen oder veralteten Berufsabschlüssen, gesundheitlichen Einschränkungen, zu hohem Alter oder fehlenden Sprachkenntnissen. Dabei hat – bezahlte - Arbeit einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Nicht nur wegen des Verdienstes, sondern auch weil sie eine Tagesstruktur und den Kontakt zu anderen Menschen schafft, das Selbstbewusstsein und die Anerkennung fördert und das Gefühl gibt: „ich werde gebraucht“. Arbeit haben ist der Zugang zur Gesellschaft: umso schlimmer ist es, keine Arbeit zu haben und damit quasi ausgeschlossen zu sein.
Wie viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für diese Menschen im Werkstättle geschaffen und erhalten werden können, hängt in erster Linie davon ab, ob es genügend Aufträge gibt, die Einnahmen bringen. Das Werkstättle muss seinen jährlichen Haushalt mit insgesamt rund 2,5 Millionen Euro zu 90 Prozent aus Aufträgen selbst finanzieren. Nur rund 10 Prozent kommen aus staatlichen Zuschüssen. Die staatlichen Förderungen sind in den letzten Jahren stark gekürzt worden. Vor allem sind sie in der Regel auf höchstens 2 Jahre befristet.
Hier fühlt sich das Werkstättle von der Politik im Stich gelassen, weil die Verantwortlichen die Menschen nach den 2 Jahren Beschäftigung nicht wieder in die Arbeitslosigkeit entlassen wollen. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass die Menschen, die nach solch einer befristeten Arbeit wieder entlassen werden müssen, in ein tiefes Loch fallen und zum Teil sogar Selbstmord gefährdet sind. Durch mehr Aufträge versuchen sie so viel zu erwirtschaften, dass sie diese Menschen im Werkstättle ohne diese Zuschüsse weiter beschäftigen können. Damit wird aber für die soziale Einrichtung der Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und sozialem Auftrag immer größer. Langsam scheint die Politik jedoch einzusehen, dass viele langzeitarbeitslose Menschen trotz historisch niedriger Arbeitslosen-ahlen keine Chance auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben. Vielleicht kann sich nun endlich die Idee eines sozialen Arbeitsmarktes durchsetzen, in dem Menschen dauerhaft geförderte Arbeitsplätze erhalten können.
30 Jahre Werkstättle: eine Geschichte von vielen Unterstützern, Spendern, helfenden Firmen aber auch von harten Kämpfen um das Fortbestehen des größten Beschäftigungsunternehmens im Landkreis Sigmaringen. Sorge bereitet den Verantwortlichen dabei immer wieder die zu geringen finanziellen Rücklagen. Bei monatlichen Lohnkosten von rund 150.000 Euro müssen sie unbedingt größer werden, um nicht immer wieder in finanzielle Bedrängnis zu kommen. Trotzdem: wer 30 schwierige Jahre überstanden hat, dem muss auch vor der Zukunft nicht bange sein.
In diesem Sinne: Happy Birthday und Alles Gute Werkstättle!
Wenn Sie dem Werkstättle helfen wollen, Menschen nach Auslaufen der staatlichen Förderung weiter zu beschäftigen, können Sie gerne auf das folgende Konto spenden:
Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch, IBAN: DE17 6905 1620 0000 4656 33. Bis 100 Euro gilt der Kontoauszug als Spendennachweis, darüber erhalten Sie eine Spendenbescheinigung.